
Warum eine abgestimmte Nachfolgeplanung unerlässlich ist
Die Unternehmensnachfolge ist ein sensibles und hochkomplexes Thema – sowohl aus gesellschaftsrechtlicher als auch aus erbrechtlicher Sicht. Immer wieder zeigt sich in der Praxis: Sind der Gesellschaftsvertrag und die letztwillige Verfügung nicht aufeinander abgestimmt, kann das zu erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen, aber auch privaten Problemen führen. Wer unternehmerisch und privat vorsorgen will, sollte sich daher interdisziplinär beraten lassen.
Die Hintergründe
Was passiert mit meinem Vermögen, wenn ich nicht mehr da bin? Sind meine Liebsten gut versorgt? Wer bekommt was? Ist das fair? Diese und ähnliche Fragen stellen sich viele im Laufe ihres Lebens und haben womöglich schon eine Vorstellung davon, was nach ihrem Tod mit ihrem Vermögen passieren soll. Wer die Nachfolgeplanung ernst nimmt, hält seinen letzten Willen sogar in einer Verfügung von Todes wegen fest oder überträgt einzelne Vermögenswerte schon zu Lebzeiten. Leider machen das jedoch die wenigsten. Eine durchdachte, steueroptimierte Nachfolgeplanung sehen Rechtsanwälte selten.
Insbesondere ihren möglicherweise größten Vermögenswert vergessen dabei die meisten: das eigene Unternehmen. Dabei ist der Gedanke hieran unerlässlich und das sowohl aus privater als auch aus unternehmerischer Sicht. Denn da das Unternehmen Teil des eigenen Vermögens ist, spielt es im Erbfall – aber auch bei Scheidung – eine erhebliche Rolle – nicht nur für die Erben, sondern auch für Mitunternehmer und Angestellte.
Die in Betracht kommenden Konstellationen sind vielzählig: Das traditionsreiche Familienunternehmen möchten die eigenen Kinder fortführen. In dem frisch gegründeten IT-Start-Up der Mutter gibt es Mitunternehmer, die den Überblick haben und das Unternehmen behalten möchten. Für den alten Nähbetrieb des Opas gibt es keinen Nachfolger, die eigenen Nachkommen möchten aber bloß nichts damit zu tun haben.
All diese unterschiedlichen Lebenssituationen haben eins gemeinsam, nämlich die Tatsache, dass das Unternehmen und das Privatleben der Erben zwingend miteinander zusammenhängen. Wenn an dieser Stelle die richtige und rechtzeitige Nachfolgeplanung fehlt, kann das für beide Seiten zu streitigen Auseinandersetzungen führen – in einer Zeit, in der man eigentlich mit der eigenen Trauer beschäftigt ist.
Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht
Ein häufiger Irrtum: Viele UnternehmerInnen gehen davon aus, dass (z.B.) ihr Testament allentscheidend ist – auch für die Nachfolge im Unternehmen. Doch das stimmt nur eingeschränkt. Denn: Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht. Regelungen im Testament, die mit dem Gesellschafts-vertrag unvereinbar sind, bleiben im Zwei-fel wirkungslos. Das heißt im Klartext: Ein im Testament eingesetzter Erbe kann leer ausgehen, wenn der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass die Anteile im Todesfall auf die Mitgesellschafter übergehen sollen (z. B. durch Abtretung, Einziehung oder Eintrittsrechte). Ebenso kann ein nicht beachtetes Zustimmungserfordernis zur Aufnahme eines Erben als Gesellschafter den Übergang von Anteilen verhindern.
Doch auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Möglicherweise ist im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass nur Abkömmlinge der Gesellschafter Nachfolgeberechtigte sein können. Hat der Gesellschafter dann z.B. seine Ehefrau eingesetzt, kommen gar nicht die Personen als Erben in das Unternehmen, die eigentlich dort als Nachfolger eintreten sollten.
Gestaltungsmöglichkeiten
Um solche Konflikte zu vermeiden, sollten UnternehmerInnen sich rechtzeitig und interdisziplinär rechtlich zur Nachfolgeplanung beraten lassen. Das bedeutet insbesondere:
- Gesellschaftsvertrag: Welche Regelungen bestehen für den Todesfall? Gibt es Eintrittsrechte, Abfindungsklauseln, Vinkulierung, Einziehungsmöglichkeiten?
- Letztwillige Verfügungen: Wer soll Erbe oder Vermächtnisnehmer werden? Sollte ich einige Vermögenswerte schon zu Lebzeiten übertragen?
- Steuerliche Aspekte: Erbschafts- und schenkungssteuerliche Freibeträge optimal ausnutzen.
- Notfallregelungen treffen: Was passiert bei plötzlicher Handlungsunfähigkeit?
Fazit
So morbide es klingen mag: Vorausschauende Unternehmerinnen und Unternehmer planen den eigenen Tod sorgfältig und bedenken dabei die unterschiedlichen relevanten Rechtsgebiete. Damit stellt man nicht nur sicher, dass die Erben gut versorgt sind, sondern auch, dass das mühsam aufgebaute Unternehmen erfolgreich fortgeführt werden kann.